10.11.2021 - von Jakob
Die Corona-Pandemie hat alles und jeden eingeschränkt. Auch Auslandsaufenthalte, wie meiner zu Beginn dieses Jahres in Straßburg, waren natürlich davon betroffen. Als ich diesen im vorigen Jahr plante, war mir schon bewusst, dass die pandemische Lage sich wohl auch in den kommenden Monaten nicht übermäßig bessern würde. Diese Befürchtung, die sich auch größtenteils bewahrheitet hat, habe ich in Kauf genommen, da mein viertes Semester eine der letzten Gelegenheiten sein würde, um einen Auslandsaufenthalt im Bachelor anzutreten. Ich bin im Nachhinein sehr froh, diese Entscheidung getroffen zu haben.
Zu Beginn, im Januar war die Lage noch sehr schlecht: Informationsveranstaltungen und vorbereitende Intensivsprachkurse fanden ausschließlich Online statt und nur wenige meiner neuen Kommilitonen, mich eingeschlossen, waren wirklich in Straßburg. Aber selbst hier merkte ich schon, wie spannend der Austausch mit Menschen aus aller Welt ist und wie viel Freude es bringen kann, mit unterschiedlichsten Muttersprachlern gemeinsam eine Fremdsprache zu lernen. Deshalb war meine Vorfreude, trotz der Umstände, auf den „richtigen“ Beginn meines Auslandssemesters und das Kennenlernen der Menschen nicht nur über Zoom-Kacheln, groß.
Anfang Februar bin ich also mit einer guten Portion Ungewissheit und Beklemmung nach Straßburg umgezogen. Nachdem meine Familie mich bei Hinfahrt, Transport und Umzug unterstützt hatte und wieder abgereist war, war ich mir kurzzeitig sehr unsicher, ob ich wirklich die richtige Entscheidung getroffen hatte. Als ich dann aber noch am selben Tag – ein sonniger Januartag – mit der Straßenbahn in die schöne Innenstadt Straßburgs gefahren bin und eine Nacht darüber geschlafen hatte, waren meine Sorgen zwar nicht vollkommen verflogen, aber ich war mir zumindest sicher, die richtige Entscheidung getroffen zu haben. Denn eins war klar: meine Alternative wäre gewesen alleine Zoom-Meetings in meinem Zimmer in Deutschland abzusitzen und davon hatte ich mittlerweile genug. Außerdem war mir bewusst, dass all die anderen neuen Auslandsstudenten auch die Sorge haben würden, keinen Anschluss zu finden und einsam im Ausland unglücklich zu werden. Gerade deswegen war es aber besonders einfach mit Kommilitonen in Kontakt zu treten, da wir über Social Media in Kontakt standen und von zwei Mentoren für uns Auslandsstudenten des Öfteren Treffen organisiert wurden, an denen auch die meisten teilgenommen haben.
So habe ich während einer Rundführung an Europarat, Europäischem Gerichtshof für Menschenrechte und Europäischem Parlament vorbei, neben Kommilitonen, die ich bisher nur über Zoom kennengelernt hatte, auch neue Kontakte geknüpft. Dass wir die Gebäude der Institutionen allerdings nicht betreten konnten, war der Beginn einiger Enttäuschungen, die der Pandemie geschuldet waren. Glücklicherweise hatte ich in den ersten paar Wochen aber ohnehin so viel um die Ohren, da organisatorisches geregelt, mein Alltag geplant, Sprachkenntnisse verbessert und Kurse besucht werden mussten, dass solche Enttäuschungen in den Hintergrund rückten.
Etwas später hatte ich auch wieder mehr Zeit zur Verfügung und neben Dingen wie Picknicks im Park mit Kommilitonen (mit reichlich Alkohol), Erkundungstouren der Umgebung Straßburgs oder einfachen (kleinen) Treffen mit Kommilitonen im Wohnheim oder draußen, die ohne weiteres möglich waren, fanden auch wieder einige Kurse in Präsenz statt. Natürlich war ich schon sehr froh über die klassischen Kurse im Seminarraum oder Vorlesungssaal, aber mein absoluter Favorit war ein Kurs über die deutsch-französische Architektur Straßburgs. Dieser fand größtenteils außerhalb der Universität statt, da wir mehrmals eine Art Stadttour mit Expertise des Dozenten veranstaltet haben und war deswegen auch während wieder steigender Fallzahlen noch problemlos möglich. Gegen Ende meines Auslandsaufenthalts wurden dann sogar wieder Cafés, Kinos und andere öffentliche Versammlungsorte geöffnet. Kurzum: Trotz der vielen Einschränkungen, die meinen Auslandsaufenthalt prägten, trat selten Langeweile auf.
Auch in Zukunft - gerade bei Betrachtung der wieder stark ansteigenden Fallzahlen – kann ich nur empfehlen den Auslandsaufenthalt trotz aller Bedenken, die ihre Berechtigung haben mögen, zu realisieren, da die Vorzüge die tatsächlichen Einschränkungen und Komplikationen ganz eindeutig überwiegen.
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