28.08.2023 - von Elisa
Ähnlich wie den Spruch ,,Triff niemals dein Idol“, haben vermutlich die meisten, die ein Semester im Ausland verbracht haben, auch die Worte ,,Kehr nicht an den Ort deines Auslandssemesters zurück“ gehört. Wir alle verstehen auch sofort, weshalb. Dieser Ratschlag soll uns vor der Enttäuschung bewahren, dass nichts so ist, wie wir es in Erinnerung haben.
Zugegebenermaßen denke ich, dass die meisten von uns, die im Ausland waren, diese Zweifel daran, ob es die richtige Entscheidung ist, zurückzugehen, und vielleicht sogar diese Furcht, dass wir enttäuscht sein werden, tatsächlich auch verspüren, unabhängig davon, wie sehr wir uns wünschen, in unsere Auslandsstadt zurückzugehen.
Ich sehe das aber anders, wenn auch unter Vorbehalt. Denn die Bedenken sind gerechtfertigt. Natürlich muss man sich darauf einstellen und besser auch wissen, ob man damit klarkommen kann, dass vieles anders ist, wenn man zurückgeht. Es wird nicht so sein wie vorher, und das kann schmerzlich sein, denn genau so, wie wir die Stadt kennengelernt haben, mit all den Menschen, die zu Freunden wurden, den besonderen Orten, die zu Lieblingsplätzen wurde, den Reisen und Unternehmungen, die angeboten wurden, und den Abläufen, die zur Routine geworden sind, haben wir die Stadt lieben gelernt. Und plötzlich kann es dann schwierig sein, noch so zu empfinden, wenn die Freunde, die man vor Ort gefunden hat, nicht mehr dort sind, es ist dir plötzlich nicht mehr erlaubt, den Ort zu betreten, wo du gewohnt hast, manche Gebäude abgerissen und andere in der Zwischenzeit neu gebaut wurden…
Es ist ratsam zu wissen, was diesen Ort, oder vielleicht besser gesagt, die Zeit, die man an diesem Ort verbracht hat, so besonders gemacht hat, und ob es vielleicht gar nicht der Ort war, der einem so viel bedeutet, oder all die Erfahrungen und Erlebnisse, die man dort gemacht hat. Was mein Auslandssemester für mich besonders gemacht hat, war das Gefühl, welches das Eintauchen in eine andere Kultur, das Kennenlernen und in Kontakt treten mit Menschen aus aller Welt, der interkulturelle Austausch, die Spontanität, die Unabhängigkeit, das Entdecken neuer Orte, das Reisen, die Ausflüge, die neuen, unbekannten Situationen, denen man gleichzeitig mit Vorfreude und Nervosität begegnet, und ganz besonders, die Menschen, die man über die Zeit in sein Herz schließt, in mir hervorgerufen haben. Ich glaube also, wenn ich sage, ich vermisse Leeds, dann vermisse ich viel weniger den Ort an sich, als genau dieses Gefühl, die Leute, die ich dort kennengelernt habe, und das Leben, das ich dort geführt habe.
Im Umkehrschluss heißt das auch, dass das, was ich an dieser Zeit vermisse, gar nicht unbedingt ausschließlich an diesen Ort geknüpft ist. Ich denke, wir vergessen gerne, dass vieles davon auch Dinge sind, die man auf andere Weise oder an anderen Orten erleben kann. Tatsächlich waren einige von uns Auslandslots:innen beim ersten Stammtisch für die internationalen Studierenden, die an die UDE kommen, mit dabei, und wir alle waren uns einig, dass es sich anfühlt wie im Auslandssemester.
Ich glaube, genau diese Erkenntnis war für mich entscheidend. Es ist schmerzhaft an den Ort des Auslandssemester zurückzukehren, solange man ihn nicht irgendwie trennen kann von Erfahrungen und Gefühlen, die man mit dem Auslandssemester an sich verbindet. Solange man den Ort des Auslandssemesters bis zu einem gewissen Grad nicht als als kahle Leinwand sehen kann, die man mit neuen Erfahrungen füllt, wenn man zurückkommt, wird es tatsächlich so sein, dass man enttäuscht ist. Aber sobald einem diese Trennung gelingt, kann man offen sein für neue Erfahrungen, die man nicht unablässig mit dem vergleicht, was man von diesem Ort gewohnt ist.
Ich war vor kurzer Zeit das dritte Mal wieder in Leeds, nachdem ich aus dem Auslandssemester zurück nach Deutschland gekommen bin. Ich bin ehrlich, es hat sehr geholfen, aus einem bestimmten Grund zurückzukommen, der sich deutlich von dem unterschied, was ich aus meiner Zeit hier gewohnt war – in diesem Fall war es die Hochzeit eines guten Freundes.
Ich denke, wenn man mit einer bestimmten Absicht, für einen besonderen Zweck oder für ein bestimmtes Ziel an die Stadt zurückkehrt, in der man das Auslandssemester verbracht hat, fällt es leichter, die veränderte Situation vor Ort zu akzeptieren und das Positive in ihr zu sehen. Es ist genau so, wie es schon jemand vor mir ausgedrückt hat: “They say never go back…..well I disagree. Go back…with new eyes.” (Teacher Tom, @eatsleepdreamenglish)
Bei Fragen an Elisa, meldet euch gerne unter auslandslotsen@uni-due.de oder auf Instagram @ude.auslandslotsen.
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